Zinssorgen machen Börsen zu schaffen

von Anika Ross und Zuzanna Szymanska-© Thomson Reuters

Sorgen um den geldpolitischen Kurs großer Notenbanken haben die Börsen am Mittwoch unter Druck gesetzt.

Der Dax notierte zum Handelsschluss 0,8 Prozent tiefer bei 16.431,69 Punkten. Der EuroStoxx50 ging mit 4401,82 Zählern ein Prozent schwächer aus dem Handel. Auch die wichtigsten US-Indizes lagen im Minus.

Für lange Gesichter sorgten vor allem pessimistische Aussagen von Notenbankern beim Wirtschaftsforum in Davos. EZB-Präsidentin Christine Lagarde sagte, die Zentralbank sei zwar auf einem guten Weg, die Inflation im Euro-Raum auf zwei Prozent zurückzubringen. Der Kampf gegen die Teuerung sei aber noch nicht gewonnen. Auch EZB-Ratsmitglied Klaas Knot sagte, die Finanzmärkte gingen mit ihren Erwartungen schneller Zinssenkungen zu weit. «Jetzt, wo sich der Staub gelegt hat, sehen wir, dass ein Teil des Zinsoptimismus der Anleger zum Jahresende ein wenig übertrieben war», sagte Anthi Tsouvali, Stratege beim Finanzdienstleister State Street. «Die Märkte müssen ihre Erwartungen neu justieren. Die Lockerung der Geldpolitik wird leider nicht so schnell erfolgen wie die Straffung. Die Zinsen dürften eher schrittweise wieder fallen.»

Auch die jüngsten Konjunkturdaten verstärkten die Zinssorgen. Die Währungshüter versuchen, mit erhöhten Zinsen die Inflation zu dämpfen, ohne die Wirtschaft abzuwürgen. Die US-Industrie verzeichnete dabei im Dezember zwar nur einen leichten Anstieg der Produktion. Die Einzelhändler in den USA haben ihren Umsatz vor der Jahreswende allerdings kräftiger gesteigert als erwartet.

An den Terminmärkten wird die Wahrscheinlichkeit einer ersten Zinssenkung der US-Notenbank Fed derzeit auf knapp 60 Prozent geschätzt. Vor den Reden von Fed-Direktor Christopher Waller und Frankreichs Notenbankchef Francois Villeroy de Galhau, die am Dienstag erste Zweifel geschürt hatten, waren es mehr als 70 Prozent. Fallende Zinsen bei den Entscheiden sind allerdings weiterhin eingepreist. Die meisten Analysten erwarten indes keine Lockerung der Geldpolitik in der ersten Jahreshälfte.

Auch das Schwächeln der chinesischen Wirtschaft trug zur schlechten Stimmung bei. Die Volksrepublik verfehlte im vierten Quartal mit einem Anstieg des Bruttoinlandsproduktes (BIP) von Oktober bis Dezember um 5,2 Prozent knapp die Erwartungen der Analysten. Anleger fürchten im Zuge dessen eine Nachfrageschwäche des zweitgrößten Rohölverbrauchers weltweit. Die Sorte Brent aus der Nordsee verbilligte sich um ein Prozent auf 77,49 Dollar pro Barrel (159 Liter). Der Preis für US-Leichtöl West Texas Intermediate (WTI) fiel um ein halbes Prozent auf 72,01 Dollar je Fass.

DROHENDES STANDORT-AUS ZIEHT MEYER BURGER NACH UNTEN

Am Aktienmarkt gerieten europäische Luxusfirmen nach den enttäuschenden Wirtschaftszahlen aus China unter Druck. Aktien des Gucci-Mutterkonzerns Kering sowie des italienischen Luxusjacken-Herstellers Moncler fielen um 3,4 und 2,7 Prozent. Bei den Dax-Werten hielt Zalando die rote Laterne. Die Titel des Mode-Versenders rutschten um bis zu 5,1 Prozent ab und markierten bei 16,32 Euro ein Allzeittief. Seit Jahresbeginn haben sie damit knapp 20 Prozent eingebüßt. Die schwache Konsumlaune hatte den Dax-Titeln bereits im Jahr 2023 zugesetzt und einen Verlust von rund 35 Prozent eingebrockt.

Im Solarsektor verbreitete das drohende Aus für den deutschen Produktionsstandort der Firma Meyer Burger düstere Stimmung. Die Aktien des Schweizer Solarausrüsters brachen in Zürich um 31,5 Prozent ein. Papiere des deutschen Rivalen SMA Solar büßten acht Prozent ein. Den Schweizern machen eigenen Angaben zufolge der starker Anstieg chinesischer Produktionsüberkapazitäten sowie die von Indien und den USA verhängten Handelsbeschränkungen zu schaffen.

 

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