Die Privatbank EFG lässt die Zürcher Konkurrenz alt aussehen

Ist sie die wahre Profiteurin des CS-Untergangs?

von Eflamm Mordrelle-Bild Karin Hofer / NZZ© Bereitgestellt von Neue Zürcher Zeitung

Schweizer Banken, die vermögende Kunden bedienen, hatten 2023 ein schwieriges Jahr. Nicht so EFG. Die Privatbank hat im abgelaufenen Geschäftsjahr einen Rekordgewinn von 303 Millionen Franken erzielt, das sind 50 Prozent mehr als im Vorjahr.

Grössere, renommiertere Zürcher Institute wie Julius Bär oder Vontobel können derzeit von einem solchen Ergebnis nur träumen. Die zwei Vermögensverwalter sahen ihre Gewinne jüngst einbrechen – Bär wegen fauler Kredite, Vontobel wegen Problemen im Asset-Management.

Während Julius Bär damit beschäftigt ist, einen neuen CEO zu finden und sich vom Benko-Schock zu erholen, konzentriert sich EFG auf das Geschäft. Und das läuft gut. Die Bank hat im abgelaufenen Jahr rund 6 Milliarden Franken an neuen Kundengeldern angezogen und verwaltet nun Vermögen von gesamthaft 142 Milliarden Franken.

Damit gehört EFG mittlerweile zur Spitzengruppe der Schweizer Vermögensverwalter, wenn auch noch mit grossem Abstand zu Traditionshäusern wie Julius Bär, Pictet oder Lombard Odier.

CS nicht Hauptgrund für Erfolg

Woher kommt der aktuelle Erfolg? EFG wird in den Medien gerne als Profiteurin der CS-Krise dargestellt. Kundenberater sollen im Nachgang des Kollapses der Grossbank Gelder zu EFG mitgenommen haben.

Doch gemäss dem langjährigen CEO der Privatbank Giorgio Pradelli greift das zu kurz. Mehr als zwei Drittel von den 6 Milliarden Franken an neuen Kundenvermögen kämen zwar von Kundenberatern, die 2023 angestellt worden seien. Doch davon stammt nur eine Minderheit von der CS.

Der Beitrag zum Neugeld, der auf ehemalige Kundenberater der CS zurückgehe, sei zwar relevant, aber sicher nicht der Hauptgrund für das gute Jahr, sagt Pradelli. Die neuen Kundengelder, die ehemalige CS-Mitarbeitende beitrugen, dürften geschätzt weniger als 1 Milliarde Franken ausmachen.

Wie bei anderen Banken führten auch bei EFG höhere Zinseinnahmen zu grösseren Erträgen, was die rückläufigen Einnahmen aus dem Kommissionsgeschäft kompensieren konnte. Pradelli will das Wachstum der Bank weiter forcieren: 2023 wurden 141 zusätzliche Kundenberater angestellt, insgesamt sind es nun über 700. Jährlich sollen 50 bis 70 dazukommen.

«Es ist nicht eine Leistung, die aus dem Nichts kommt, sondern das Resultat der Bemühungen aus den letzten Jahren», sagt der Banker, der 2018 das CEO-Amt bei EFG übernahm und zuvor mehrere Jahre Finanzchef der Bank war.

Die Bank hat unter Pradelli einen langen Weg hinter sich. Im Jahr 2010 schrieb EFG noch einen grossen Verlust, nachdem sich das damals viel kleinere Institut in den nuller Jahren auf eine wilde Einkaufstour mit überteuerten Akquisitionen begeben hatte. In der Folge gelang es Pradelli, die Bank auf die wesentlichen Geschäfte zu fokussieren.

Sonderkosten, etwa im Nachgang des Zukaufs der Tessiner Bank BSI 2016, belasteten immer wieder das Ergebnis. Diese Zeiten sollen vorbei sein. «Die Altlasten sind grösstenteils abgewickelt», sagt Pradelli. Daneben lag der Fokus der Bank auf der Verbesserung der Profitabilität und der Effizienz sowie auf der Minderung von Risiken. Das zahlt sich nun aus.

Keine Kredite an Benko

Ein schwerwiegender Fehler, wie ihn Julius Bär mit den faulen Krediten an René Benkos Konglomerat begangen hat, ist bei EFG weniger wahrscheinlich. «Private Debt bietet EFG als Produkt nicht an», so Pradelli, «und nichtkotierte Aktien würden wir als Besicherung nicht akzeptieren.»

Hat die Bank ihre Risiken weiterhin im Griff, dürfte EFG weiter gute Gewinne schreiben. So hat sich die Effizienz der Bank – gemessen am Verhältnis von Kosten und Ertrag – stetig verbessert. Auch die anderen Zielwerte, die sich die Bank bis 2025 gesteckt hat, wie eine Kapitalrendite von 15 bis 18 Prozent, wurden bereits erreicht.

EFG sieht sich ein Jahr voraus bei der Umsetzung ihres Plans, gibt sich aber keine neuen Ziele. Denn die Bank geht von einer Eintrübung des wirtschaftlichen Umfelds aus. Insbesondere die Aussicht auf sinkende Zinsen dürfte die «Gratiseinkünfte» aus Zinserträgen mindern. Dennoch will die Bank ihre Gewinnmargen weiter verbessern, Prozesse automatisieren und Kosten sparen.

Pradelli: voll engagiert

Mit dem Erfolg arbeitet sich die von der griechischen Milliardärsfamilie Latsis kontrollierten EFG langsam in die erste Schweizer Bankenliga vor. Man sehe sich als schweizerische Privatbank aus Zürich, sagt Pradelli. «Diese Wurzeln sind uns sehr wichtig, auch wenn wir keine jahrhundertealte Geschichte haben.»

Doch gleichzeitig spielt die griechische Eigentümerfamilie, die einen Grossteil des Kapitals kontrolliert, eine wichtige Rolle. Gemäss Pradelli ist der Verwaltungsrat «sehr präsent». In diesem sitzt auch der bekannte Privatbanker und Ex-Julius-Bär-CEO Boris Collardi, dem ebenfalls eine Rolle für den aktuellen Erfolg von EFG zugesprochen wird. Seine Beiträge seien wertvoll, er kenne das Geschäft gut, sagt Pradelli. Gleichzeitig respektiere jeder seine Rolle. «Es gibt keine Friktionen zwischen uns», sagt er.

Pradelli hat EFG wieder in die Erfolgsspur gebracht. Trotzdem scheint er keine Lust auf eine neue berufliche Herausforderung, etwa bei Julius Bär, zu haben. Er kenne die Latsis-Familie seit 26 Jahren, er sei also voll bei EFG engagiert. Er habe keine Absicht, eine neue Position ausserhalb der Bank anzunehmen.

 

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