Tafeln zwischen den Reben

Ein kulinarisches Erlebnis im Weinberg: Erleben Sie ein unvergessliches Wein-Dinner direkt in den blühenden Weinbergen. An sorgfältig arrangierten Tischen, mitten in den Rebengassen oder mit herrlicher Aussicht, geniessen Sie ein mehrgängiges Menü kombiniert mit lokalen Weinen und lernen dabei die Winzerfamilien kennen.

Interview mit Jürg Bachofner

Herr Bachofner, Sie sind Geschäftsführer des Branchenverbands «Deutschschweizer Wein». Immer mehr Weinliebhaber wechseln zu einheimischen Trauben. Wie sehen Sie die Entwicklung in Ihrer Branche?

Wir können nun die Früchte der kontinuierlichen Anstrengungen ernten, die zugunsten des Schweizer Weins stattfinden: einerseits regional verankerte Werbung, andererseits authentische Winzer mit einem soliden Wissen, wie ein qualitativ hochstehender Wein hergestellt werden kann.

Der Rosé ist bei den jungen Weintrinkern sehr beliebt. Wie soll es mit dieser euphorischen Begeisterung und diesem Trend weitergehen?

Ja, der Roséwein-Konsum ist seit jeher Schwankungen unterworfen. Er ist auch ein saisonales Produkt, das vor allem im Sommer viel und gerne getrunken wird. Die Deutschschweizer Winzer sind gerüstet für den Rosé-Konsum, viele führen ihn im Sortiment. Er wird aus roten Blauburgundertrauben hergestellt und ist harmonischer, abgerundeter als die Weissweine. Der Rosé-Konsum ist immer noch klein, wird aber weiterhin zunehmen.

Deutschschweizer Wein wurde vor Jahren belächelt und war nur einem gewissen Publikum zugänglich. Die Situation hat sich jedoch geändert. Wie kam es zu dieser positiven Wende?

Was sich geändert hat, ist die kontinuierliche Qualitätssteigerung des Schweizer Weins. Was sich noch nicht geändert hat: Nur jeder zweite Bewohner der Deutschschweiz kennt den einheimischen Wein. Dies rührt daher, dass drei Viertel der einheimischen Weine direkt vom Winzer verkauft werden. Auf unserer Website www.deutschschweizerwein.ch sind über 300 Weinläden der Winzer direkt erreichbar. Auch die offenen Weinkeller helfen, dass Konsumenten mit den Winzern und Kellereien in Kontakt kommen.

Für die Reben sind die Sonnenlage und die Bodenbeschaffung von grosser Bedeutung und Wichtigkeit.

In der Tat, das sogenannte Mikroklima beeinflusst die Weine recht stark. Wir unterscheiden beim Blauburgunder verschiedene Terroirs wie den Zürichsee, die Bündner Herrschaft, das Schaffhauser Klettgau oder den Aargau. Wir haben in der Deutschschweiz elf unterschiedliche Terroirs mit mehreren Unterregionen. Es ist eine echte Freude, diese Weine zu entdecken.

Kommen wir zu den Risiken: Frost, Hagel und Dauerregen sind Gefahren für die Trauben respektive die Reben. Wie kann mit neuen Technologien bessere Abhilfe geschaffen werden?

Frost und Hagel sind auch mit neuen Technologien schwierig in den Griff zu bekommen. Man kann sich jedoch mit Versicherungen gegen den wirtschaftlichen Ausfall schützen. Auch seitliche Hagelnetze sind im Kommen. Grosse Feuchtigkeit über längere Zeit erhöht den Pilzdruck in den Reben stark. Neue Technologien gehen in Richtung genauer Prognosemodelle, welche den Zeitpunkt der Erstinfektion bestimmen können, um den Einsatz von Pilzmitteln (Fungiziden) zu optimieren.

Deutschschweizer Winzerbetriebe veranstalten jedes Jahr den «Tag der offenen Keller». Erklären Sie uns doch, warum diese Weintage so viel Begeisterung und ein grosses Echo auslösen.

Die offenen Weinkeller werden nicht erst seit gestern durchgeführt, sondern haben ihren Ursprung in der Zürcher Weinbranche Ende der 90er-Jahre. Dieser Anlass, der am 1. Mai durchgeführt wird, wurde bald von anderen Kantonen übernommen und wird jetzt in allen sechs Schweizer Weinregionen veranstaltet. Dieses Jahr nahmen in der Deutschschweiz 224 Winzerbetriebe mit rund 60’000 Besuchern teil. Die Gäste probieren gerne einheimische Weine an ihrem Ursprungsort. Sie lieben das authentische Weinerlebnis direkt auf dem Weingut.

Das Weinerlebnis in den Weinbergen ist eine besondere Art der Degustation. Ist dies eine Art Straussenrestaurant und wann wurde die Weintavolata ins Leben gerufen?

Die Weintavolata bietet den Gästen neben der Degustation ein Weindinner mit mehreren Gängen direkt in den Reben. Für diese Events muss man sich auf deutschschweizerwein.ch/weintavolata anmelden. Dort sind die Angebote ersichtlich und man kann sich direkt einen Platz sichern. In der Deutschschweiz findet dieses Format heuer zum ersten Mal statt – an zwei Daten im Mai und zwei im August. Die Idee kommt aus dem Wallis, welches den Anlass schon seit mehreren Jahren mit Erfolg durchführt.

Welche Tipps geben Sie Weinanfängern, um sich in der Vielfalt zurechtzufinden?

Jeder Selbstkelterer verfolgt eine Diversitätsstrategie. Bei allen findet man die Hauptsorten Müller-Thurgau (Riesling x Silvaner) als Weisswein und Blauburgunder als Rotwein. Diese Weine sind typisch bei uns. Ich empfehle Weinanfängern, sich an diese Sorten zu halten.

Wie steht es im Moment um die Ernte 2024?

Es ist noch etwas früh für Prognosen. Die langen Feuchteperioden mit unterdurchschnittlichen Temperaturen haben den Erntezeitpunkt nach hinten verschoben und die Parasitenentwicklung gefördert. Wir gehen jedoch in der Deutschschweiz von einer guten Erntemenge in einer hervorragenden Qualität aus. Wir dürfen uns auf den Jahrgang 2024 freuen, wie schon bei den beiden vorangegangenen Jahren.

Wir wünschen den Deutschschweizer Winzerbetrieben einen goldenen Herbst, eine gute Ernte und viel Oechsle.

Danke, das können wir gebrauchen und nehmen die guten Wünsche gerne entgegen.

Jürg Bachofner

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